Pratyahara

30. November 2020 0 Comments

Sinneskontrolle – Dein Umgang mit Deinen Sinnen

Die fünfte Stufe des Raja Yoga nach Patanjali befasst sich mit der Kontrolle unserer fünf Sinne: Hören, Riechen, Sehen, Schmecken und Tasten. Die Sinneswahrnehmungen sollen so geschult werden, dass sie unsere Stimmung und unsere Empfindungen nicht mehr beeinflussen.

Pratyahara“ bedeutet übersetzt so viel wie Rückzug. Dieser Rückzug kann in unterschiedlichen Ausprägungen erfolgen. Ein Extrembeispiel ist ein Leben in Askese, also der Rückzug von allen äußeren Eindrücken und Einflüssen.
Ein Retreat ist eine sanfte Form des Rückzugs. Man gönnt sich eine Zeit außerhalb vom Alltag, ohne Verpflichtungen und Aufgaben, um die Verbindung zu sich selbst wieder zu vertiefen.

In der täglichen Yogapraxis können wir Pratyahara im Rahmen unserer Asanas, der Meditation, aber auch während der Entspannung üben. Es geht dabei darum, die Sinne so zu trainieren, dass sie sich nach innen richten und möglichst nicht mehr auf äußere Reize reagieren.

Pratyahara führt dazu, dass uns die Fliege, die uns im herabschauenden Hund über den Arm krabbelt, nicht aus dem Gleichgewicht bringt. Es sorgt dafür, dass wir tief in der Meditation bleiben können, auch wenn das Kind auf der Yogamatte spielt. Und dass uns der Baustellenlärm vor dem Fenster nicht daran hindert, völlig zu entspannen.

Ziel von Pratyahara ist es, die Objekte oder Geschehnisse im Außen neutral zu betrachten und dabei in einer inneren Ruhe zu bleiben. Es bedeutet, dass diese Objekte nicht beurteilt werden. Es gibt keine Einteilung nach laut und leise, schön und hässlich, gut und böse, sinnvoll oder sinnlos. Die Reiz-Reaktions-Kette wird nicht ausgelöst. Dies hilft uns dabei, in einen Zustand von Wunschlosigkeit und Zufriedenheit zu gelangen und das Hier und Jetzt wertzuschätzen und zu leben.

Durch Pranayama kann Pratyahara unterstützt werden, denn die Konzentration auf die Ein- und Ausatmung lenkt die Aufmerksamkeit vom Außen nach Innen. Auch Bewusstsein und Achtsamkeit sind wichtige Helfer in dieser Praxis. Bitte beachte, dass sich von den fünf Sinnen einige leichter nach innen ausrichten lassen als andere. Geduld und Übung sind hier ebenso wichtig wie bei allen anderen Stufen des Raja Yoga.

„Sind die Sinnesorgane nicht mehr auf Objekte ausgerichtet, gehen sie in die Natur des Geistes ein und erhalten ihre eigene Form.“
Patanjali, Yoga-Sutra 2.54.

Herzlichste Grüße, Deine Birgit